Obdachlose unerwünscht

Ein paar tausend Menschen leben in Berlin auf der Straße, die Schät­zungen schwanken zwischen 5.000 und 9.000. Sie stammen aus Berlin, aus der Ucker­mark, aus Rumä­nien oder anderen Ländern. Sie sind hier gestrandet, aus sehr unter­schied­li­chen Gründen.

Wer keine Wohnung hat, muss woan­ders schlafen, „leben“ kann man dazu ja nicht sagen. Sie legen sich unter Brücken, in die Eingänge leer stehender Geschäfte, vermehrt auch an den Rand von Bürger­steigen. Ein Teil von ihnen schläft auf Park­bänken, manche bauen sich irgendwo ein Zelt. So sind sie wenigs­tens gefühlt ein wenig geschützt.

Allen gemein ist, dass sie sich ihre schreck­liche Situa­tion nicht selbst ausge­sucht haben. Und dass sie in der Regel Hilfe benö­tigen. Doch diese bekommen sie kaum. Bezirke und private Einrich­tungen stellen im Winter gerade mal 1.000 Notüber­nach­tungs­plätze zur Verfü­gung, tags­über und in den meisten anderen Monaten müssen die Obdach­losen selber sehen, wo sie bleiben.

Das Elend dieser Menschen wird igno­riert. Anstatt ihnen dauer­hafte Wohn- oder wenigs­tens Über­nach­tungs­mög­lich­keiten zu bieten, gehen die Ordnungs­ämter gegen diese Menschen vor und vertreiben sie. Die Bezirke schi­cken die Polizei vor, um die kleinen Camps zu räumen, in denen sich Obdach­lose zusam­men­ge­schlossen haben, um gegen die Aggres­sionen von Bürgern besser geschützt zu sein. Auch weil es ein Bedürfnis von Menschen ist, nicht allein dazu­stehen, vor allem in solch einer schreck­li­chen Situa­tion.

Beson­ders traurig ist, dass es ausge­rechnet die Vertreter/​innen angeb­lich sozialer Parteien sind, die sich bei der Vertrei­bung von Obdach­losen hervor tun:

  • Neuköllns SPD-Bürger­meis­terin Fran­ziska Giffey spricht ihnen Ansprüche auf Sozi­al­leis­tungen ab, lässt ihre Camps räumen, beklagt die Vermül­lung und behauptet, Obdach­lose würde gezielt mit Bussen aus dem Ausland nach Berlin gebracht.
  • Monika Herr­mann, Grünen-Bürger­meis­terin von Kreuz­berg-Fried­richs­hain, lässt ein Obdach­losen-Camp von einer Brache am Bahn­ge­lände nahe der Warschauer Brücke räumen, obwohl dieses Gelände nicht genutzt wird.
  • Der eben­falls grüne Bürger­meister von Mitte, Stephan von Dassel, schickt Polizei und Ordnungs­ämter immer wieder in die Parks und an die Spree, um den Obdach­losen ihren Schlaf­plätze zu nehmen. Die Pickel im schi­cken Gesicht des Touris­ten­be­zirks sollen ja nicht sichtbar sein. Dafür nimmt man gerne in Kauf, dass sich diese Menschen elend in irgend­welche Keller­lö­chern verkrie­chen müssen. Dassel forderte sogar, die Obdach­losen nicht nur z.B. aus dem Tier­garten zu vertreiben, sondern sie sogar aus Deutsch­land abzu­schieben!
  • Rund um den Hansa­platz profi­liert sich Thomas Isen­berg auf Kosten der Obdach­losen. Der SPD-Abge­ord­nete bekämpft die Armen zusammen mit dem Bürger­verein Hansa­viertel. So wurde die sonn­täg­liche Obdach­lo­sen­spei­sung auf dem Hansa­platz vertrieben. Er kündigte auch an, die Läden am Hansa­platz anzu­schreiben, damit sie den Wohnungs­losen nichts verkaufen und ihnen keine Pfand­fla­schen mehr abnehmen. Und dass die BVG den U‑Bahnhof Hansa­platz, als einen vor ursprüng­lich drei Bahn­höfen im Winter nun nicht mehr nachts für Obdach­lose öffnet, ist sicher auch kein Zufall.

Obdach­lo­sig­keit ist ein Problem, das man nicht einfach igno­rieren oder vertreiben kann. Die Menschen sind nun mal in dieser Situa­tion und es ist keine Lösung, sie zu vertreiben. Dann liegen sie eben woan­ders, wo man sie eben­falls wieder verjagt.

Warum kümmern sich die Bezirke nicht darum, diesen Menschen zu helfen? Sie gehören zu den Hilf­lo­sesten in unserer Gesell­schaft, aber anstatt sie zu unter­stützen, behan­delt man sie in höchstem Maße unmensch­lich. Man zerstört ihre kleinen Schlaf­plätze, schickt sie weg, wenn sie betteln. Für die schicke Fried­rich­straße, für die Veran­stal­tungen auf der Straße des 17. Juni ist immer genug Geld da. Milli­arden von Euro werden für Groß­bau­pro­jekte wie den Flug­hafen, Staats­oper, Auto­bahn- und U‑Bahn-Bau zur Verfü­gung gestellt, aber so gut wie nichts, um den Obdach­losen ein eini­ger­maßen menschen­wür­diges Dasein zu ermög­li­chen.

Bürger­meister Dassel spen­dete einmal etwas Geld für ein Obdach­lo­sen­heim, um demons­trativ zu zeigen, wie sehr ihm diese Menschen doch am Herzen liegen. Er versäumte es nicht, diese Wohltat auch öffent­lich bekannt zu geben. Und dann schickt er seine Truppen los, um alle anderen wieder aus den Parks zu vertreiben, wo sie sich wenigs­tens ein biss­chen Schutz erhoffen.

Diese Politik ist unmensch­lich und muss beendet werden! Anstatt sich über den Dreck zu beschweren und Obdach­lose zu vertreiben, stellt ihnen wenigs­tens Toilet­ten­häus­chen und eine tägliche warme Mahl­zeit zur Verfü­gung! Öffnet die Turn­hallen und Schwimm­hallen für sie, damit sie sich waschen und duschen können. Schickt ihnen Sozi­al­ar­beiter, die ihnen helfen, wieder in der Gesell­schaft Fuß fassen zu können. Und sorgt dafür, dass sie in den noch immer leer stehenden Häusern und Wohnungen eine neue Bleibe bekommen.
Vertrei­bung von Obdach­losen ist unmensch­lich und tötet! Eine soziale Politik sieht anders aus.

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